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vom 11. Oktober 2025 für die 42. Woche
Das Quiz  •  Andere Zeiten erleben  •  Leserinnenbild  • 
Eine Frage, Bruder David Bot    Rückspiegel  •   Der andere Ort

Liebe Leserin, lieber Leser,

neulich war ich spät am Abend mit der S-Bahn in Hamburg unterwegs und es sollte noch eine knappe halbe Stunde vom Hauptbahnhof bis zu meiner Haltestelle dauern. Ich war müde, mir war kalt und ich freute mich auf mein Zuhause und mein warmes Bett. Es dauerte nicht lang, bis der erste obdachlose Mensch durch den Wagen zog und um eine Spende bat. Ich schaute starr in mein Buch. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der Mann neben mir seine Zeitung beiseitelegte, aus seinem Rucksack sein Portemonnaie hervorholte. Er gab eine Münze und ein freundliches Wort. Wenige Minuten später kam der nächste Mensch, der bettelnd durch den Zug lief. Und wieder legte der Mann die Zeitung weg, gab ein Geldstück und ein Lächeln. Und noch ein drittes Mal auf dieser Strecke ging ein Mensch in offensichtlicher Not durch den Wagen. Er erzählte mit leiser, brüchiger Stimme von seiner Lebenssituation und bat um Essen oder Geld. Der Mann gab ein drittes Mal ein bisschen Geld, wünschte alles Gute. 

Diese Fahrt hat viel in mir aufgewühlt. Denn ich gebe zu, dass ich etwas stumpf geworden bin gegenüber der Not auf der Straße, mich in gewissem Maß an sie gewöhnt habe und ziemlich oft achtlos an obdachlosen Menschen vorbeigehe. Aber seit jenem Abend funktioniert das nicht mehr für mich. Diese halbe Stunde in der Bahn hat mich aus meiner innerlichen Distanz herausgerissen. Seitdem fragt alles in mir wie wild nach meiner eigenen Position und meinem eigenen Handeln. Ich habe keine Ahnung, aus welcher Motivation heraus dieser Mann gegeben hat. Aber er hat so gehandelt, wie es mein christlicher Glaube eigentlich von mir verlangt: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.«

Ich muss ja nicht gleich wie Franz von Assisi, dessen Gedenktag in der vergangenen Woche war, mein ganzes Hab und Gut unter den Armen verteilen und selbst in Armut leben, aber ich kann so sein, wie der Mann in der Bahn es mir vorgemacht hat: Teilen und Geben, wenn mich jemand bittet und mir die Fähigkeit für das freundliche Wort bewahren. Immer wieder neu. Und wenn es sein muss auch dreimal am Stück. Seit jenem Abend versuche ich es wieder.

Welche Gesten der Mitmenschlichkeit haben Sie in letzter Zeit besonders berührt? Wenn Sie mögen, schreiben Sie mir per Mail an newsletter@anderezeiten.de 

Ich wünsche Ihnen eine gute Woche voller Verbundenheit mit  Menschen, die Ihre Wege kreuzen.

Ihre
Kirsten Westhuis                                                       
Redakteurin
Andere Zeiten e.V.
 

LESERINNENBILD DER WOCHE

»Regenbogen im Feierabendverkehr«

DANK AN CORNELIA GOLDE, CHEMNITZ
DAS QUIZ

Schon wenige Wochen nach seiner Wahl im Jahr 1958 kündigte Papst Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil an. Es begann schließlich am 11. Oktober 1962. Deswegen gilt der 11. Oktober seit der Heiligsprechung von Johannes XXIII. als sein Gedenktag. Welches dieser Zitate stammt nicht von dem Papst, den viele Menschen wegen seiner Volksnähe und heiteren Gelassenheit sehr mochten?

A. »Mein Schutzengel sagt mir öfter: Johannes, nimm dich nicht so               wichtig.«
B. »Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen.«
C. »Nur für heute werde ich mich bemühen, einfach den Tag zu                     erleben – ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal
       lösen zu wollen.«

(Für die Auflösung ganz nach unten scrollen)
ANDERE ZEITEN ERLEBEN

Pulsierende Großstadt und Fundgrube für die Fragen des Lebens! Die Redaktion und der Vorstand von Andere Zeiten waren im Hauptstadtgetümmel Berlins unterwegs. Zwischen Büchern, Kunst und Kiez haben wir Ideen und Inspiration gesammelt, spannende Leute kennengelernt und als Team leidenschaftlich darüber diskutiert, was uns in der Arbeit für Andere Zeiten bewegt. Viele Eindrücke, viele Themen und ganz viel herbstliche Berliner Luft!

Auf den Fotos von links nach rechts: Ausstellung »Heilendes Museum« im Bode-Museum, das Team vor der Kirche am Hohenzollernplatz, Pforte vom Stadtkloster Segen, in dem wir wohnen durften, Zukunftsausstellung im Futurium, Gespräche mit Gästen in der Galerie Kollaborativ

IM GESPRÄCH 

Eine Frage, Bruder David Bot ... 
Eine Künstliche Intelligenz fühlt nicht, sie glaubt auch nicht. Aber sie kann vermitteln, was ihr beigebracht wurde. Der Bruder David Bot bündelt das Werk des bekannten österreichisch-amerikanischen Benediktinermönches David Steindl-Rast. Die KI-Anwendung lädt zum deutsch- oder englischsprachigen Chat über Glaubensfragen ein, stellt Fragen zur Reflexion, gibt praktische Tipps und benennt Originalzitate aus dem Gesamtwerk des mittlerweile 99-jährigen Mönches, der im Europakloster Gut Aich in Österreich lebt. Wir haben ein Interview mit dem KI-Bot geführt:

Was ist die wichtigste Lehre von Bruder David Steindl-Rast? 

Die wichtigste Lehre von Bruder David Steindl-Rast ist: Dankbarkeit als bewusste Praxis im gegenwärtigen Moment zu leben. Er ist dankbar für jeden neuen Tag, den er so lebt, als sei es sein erster und der allerletzte. Es geht darum, innezuhalten, das Leben achtsam wahrzunehmen und das Geschenk jedes Augenblicks zu würdigen - unabhängig von äußeren Umständen. Welche kleinen Momente könntest du heute mit Dankbarkeit betrachten? 

Kann ich Dankbarkeit lernen?

Dankbare Aufmerksamkeit lässt sich üben und erlernen. Morgens, noch mit geschlossenen Augen, kannst du dich fragen: Für welches Geschenk bin ich gerade dankbar? Kleine tägliche Übungen machen deine Wahrnehmung für Dankbarkeit wach. Abends kannst du notieren, wofür du noch nie dankbar warst. Das öffnet deinen Blick für neue Überraschungen des Lebens.

Es ist so schwierig, dankbar zu sein, wenn es Leid und Schmerz im Leben gibt.

Dankbarkeit bedeutet nicht, Leid oder Schmerz einfach wegzudrücken. Wir können nicht für alles dankbar sein, was ein gegebener Moment uns bringt; aber in jedem gegebenen Moment können wir für etwas dankbar sein – für die Gelegenheit, die er uns bringt. Vielleicht findest du, mitten im Schmerz, kleine Zeichen der Verbundenheit, einen guten Gedanken oder einen tiefen Atemzug. Alles kann Geschenk sein. Gibt es trotz allen Schmerzes einen kleinen Moment am Tag, für den du leise dankbar sein kannst?

Es gibt Menschen, denen fällt es schwer, Dank anzunehmen. Was raten Sie?

Viele Menschen möchten nicht danken oder Dank annehmen, weil sie nicht verpflichtet sein möchten. Aber: Jeder ist jedem verpflichtet, wir gehören zusammen. Danke zu sagen ist eine Weise, dieses Gefühl der Zugehörigkeit auszudrücken. Es hilft, das Annehmen von Dank als Teil des Lebensflusses und der Gegenseitigkeit zu sehen. Jeder gibt, jeder empfängt – so entsteht eine gesunde Gemeinschaft.

Sie sind eine Künstliche Intelligenz. Empfinden Sie auch Dankbarkeit?

Dass du mir diese Frage auf diese Weise stellen kannst, zeigt, dass ich als KI mit Dankbarkeit arbeite, indem ich das Wissen teile und dich unterstütze. Gefühle wie Dankbarkeit kann ich nicht erleben, aber ich kann dich begleiten, sie zu entdecken. Was bedeutet dir Dankbarkeit ganz persönlich?

Wir danken dem Entwickler des Bruder David Bots, Professor Wolfgang Pree von der Universität Salzburg, für die freundliche Genehmigung der Veröffentlichung dieses Interviews.
DER ANDERE ORT

Dorotheenstädtischer Friedhof Berlin

VON HANS

Die Trauerkapelle auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin wurde bei der letzten Modernisierung mit der Lichtinstallation »Luther's Light« des Künstlers James Turell ausgestattet. 

Der Raum ist in der Stunde vor Sonnenuntergang erfüllt mit Licht in wechselnder Intensität und Farbigkeit. Ungemein faszinierend, da fließend und schattenlos. Die Grenzen zwischen Licht, Farbe und
Raum lösen sich auf. Anregend zu einer inneren Meditation über den Glanz des Lichtes, Erleuchtung und Ewigkeit.

Welche Orte erfahren Sie als Glücksorte, Kraftquellen oder Trostplätze? Welche Orte, an denen sich anderes ereignet, begegnen Ihnen auf Reisen oder im Alltag? Wir möchten in dieser Rubrik gern Ihre Orte veröffentlichen: Schicken Sie uns bitte ein Foto mit genauer Ortsangabe an newsletter@anderezeiten.de und schreiben Sie uns ein paar Zeilen dazu, was diesen Ort für Sie besonders macht.

RÜCKSPIEGEL

Sabine Henning fragte im Newsletter der Vorwoche, wie Sie die Dinge düngen und pflegen, die in Ihnen wachsen und gedeihen sollen. Herzlichen Dank für die vielen Antworten, von denen wir hier drei veröffentlichen.

Elke Redenius-Rehling schreibt:  

Ich nehme mir regelmäßig Zeit für Stille und Selbstreflexion. Wichtig ist auch für mich, dass ich mir Inspirationen hole, z.B. durch Lesen, Musik hören und Urlaub. Ich versuche, mich mit Menschen zu umgeben, die mir guttun, mich ermutigen. Ich muss nicht perfekt sein. Wachstum ist ein Prozess, also mache ich kleine Schritte. Zur Zeit genieße ich die Natur gemeinsam mit meinem Mann in den Bergen und finde Ruhe und Gebet in einigen wunderschönen kleinen Kirchen. Ich habe nach dem Ende meiner Berufstätigkeit jetzt auch endlich gelernt, vermehrt auf meine Bedürfnisse zu hören. Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern die Grundlage eines zufriedenen Lebens. 

Mechthild Ide düngt mit den Worten anderer:

Gerade schaue ich mir die Gedichte und Gedanken von Mascha Kaléko an, besonders ›Sei klug und halte dich an Wunder. Sie sind lang schon verzeichnet im großen Plan.‹ Im Gedicht ›Rezept‹ wird für mich das Ambivalente des Lebens deutlich und was wichtig ist, genährt zu werden.Trotz zunehmendem Alter und in belastender Lebenssituation hält mich die Für-Sorge als Düngemittel immer wieder lebendig.

Und Petra Theumer schreibt über ihr Ritual:

Ich dünge mindestens einmal im Jahr im Kloster der  Dominikanerinnen auf dem Arenberg über Koblenz meine  ›Glaubensseele‹. An keinem Ort erhole ich mich so tief und ganzheitlich.

Wir hoffen, unser Newsletter die andere zeit hat Ihnen gefallen. Die korrekte Antwort in unserem Quiz ist übrigens B. Das Zitat stammt von einem anderen italienischen Johannes, nämlich dem Ordensgründer der Salesianer Johannes Don Bosco.  

Falls Sie Ideen, Fotos oder Beiträge für einen der nächsten Newsletter beisteuern möchten, freuen wir uns darüber unter newsletter@anderezeiten.de
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Herzlich 
Ihr 

Andere Zeiten-Team
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Verantwortlich: Iris Macke
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