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vom 1. November 2025 für die 45. Woche
Das Quiz  •  Andere Zeiten erleben  •  Leserinnenbild  •  Der andere Ort  •  Eine Frage, Frau Böhnstedt  •  Andere Zeiten fördert
Liebe Leserin, lieber Leser,

Anfang November schmeckt für mich nach Butter. Denn davon ist reichlich in den »Seelenspitzen«, die es in Bamberg, wo ich aufgewachsen bin, zu Allerheiligen am 1. November und Allerseelen am 2. November gibt. Die Seelenspitzen schmecken aber nicht nur nach Butter, sondern auch nach Erinnerungen: In meiner Kindheit besuchten wir an diesen Tagen immer das Grab meiner Urgroßeltern. Ihre Namen kenne ich nur vom Grabstein, doch einige Geschichten machen sie mir vertraut. Jedes Jahr erzählten sie mein Großvater und mein Vater, während wir das Grab mit Tannenzweigen winterfest machten. Und immer gehörten Seelenspitzen dazu – und das Rezept meiner Urgroßmutter.

An diesem Wochenende kann ich weder auf den Friedhof gehen noch Seelenspitzen essen. Zu weit lebe ich entfernt – und ein guter Bäcker bin ich nicht. Selbst wenn ich es versuchen würde: Sie würden ohnehin nicht so schmecken, wie aus der kleinen Bäckerei neben dem Friedhof, die es längst nicht mehr gibt.

Ich habe herausgefunden, dass es vielerorts in Deutschland solches »Seelengebäck« gibt: Seelenwecken, -brötchen, -zöpfe, -breze, -krapfen, -brote. Früher verschenkte man es an die »armen Seelen«: an verarmte Familien oder an die Verstorbenen, indem man es auf ihren Grabstein legte. Oder man aß das Gebäck selbst, um sich in den grauen Tagen des Totengedenkens etwas zu gönnen, was der Seele guttut.

Hier in Barcelona, wo ich heute lebe, zieht dieser Tage der Duft von gerösteten Kastanien durch die Straßen. Nicht nur um die Friedhöfe herum wird die »Castanyada« gefeiert: Überall in der Stadt treffen sich Familien und Freunde am Feuer von Röstöfen und teilen sich heiße Kastanien. Sie wärmen die Hände – und die Erinnerungen. Auch sie sind ein Seelenfutter, das dabei stärkt, an die zu denken, die fehlen – und das mal nach Butter, mal nach Kastanie, aber immer nach einer Prise Himmel schmeckt.

Gibt es auch in Ihrer Region ein besonderes »Seelengebäck«? Schreiben Sie mir gern an newsletter@anderezeiten.de

Ihr
Oliver Spies                                                     
Theologischer Vorstand
Andere Zeiten e.V.
 

DAS QUIZ

Zu Allerheiligen am 1. November gedenken katholische Christinnen und Christen sowohl ihrer Verstorbenen als auch der Heiligen. Was sind die Voraussetzungen, um heiliggesprochen zu werden? 

A. Die Person soll als Vorbild für andere Gläubige gelten.
B. Es müssen der Person mindestens drei Wunder nachgewiesen werden.
C. Es braucht eine gründliche Untersuchung durch die katholische Kirche.
D. Es wird nur heiliggesprochen, wer mindestens 70 Jahre alt geworden ist.

(Für die Auflösung ganz nach unten scrollen)
IM GESPRÄCH 

Eine Frage, Frau Böhnstedt ...
Gleich am Eingang des katholischen Friedhofs in Berlin-Hohenschönhausen leuchtet er golden: der »Kiosk der Kostbarkeiten«. Hinter der Glasscheibe verbergen sich keine Snacks, sondern kleine Trostspender, »Goldmomente für die Seele«, sagt Carla Böhnstedt. Sie ist Referentin für Citypastoral im Erzbistum Berlin.

Frau Böhnstedt, was bekommen die Menschen im »Kiosk der Kostbarkeiten«?

Wir haben fünf unterschiedliche Boxen gepackt: Trostgold, Sternstunden, Bauchgefühle, Lichtblicke und Weggefährten. Jede Box trägt neben dem Namen einen kleinen Untertitel, der zeigt, worum es geht. So können Trauernde selbst wählen, was ihnen gerade guttut. In jeder Box sind kleine Symbole, die im Alltag begleiten wollen – nichts zum Hinstellen, sondern Dinge mit praktischem Nutzen. Bei der Entwicklung haben wir eng mit Engagierten aus dem Trauerbereich zusammengearbeitet: dem »Friedhofs(p)lauschen« in Hohenschönhausen sowie Trauergruppen und Hospizen.

Wieso braucht es so eine Aktion?

Viele Trauernde erzählen uns, dass sich ihr Umfeld zurückzieht – nicht aus bösem Willen, sondern aus Hilflosigkeit. Sie sind dankbar, dass sich jemand Gedanken macht, was ihnen in der Trauer helfen könnte. Wir hören oft, dass die Boxen liebevoll gestaltet sind und Wertschätzung ausdrücken. Gerade in Phasen, in denen man vielleicht noch nicht über den Verlust sprechen kann. Das Angebot ist bewusst niedrigschwellig: Niemand muss sich offenbaren oder professionelle Hilfe suchen. Man kann sich den Trost holen, wann und wie man will. 

Wie reagieren Besucher:innen?

Zuerst überrascht: ein schimmernder Automat direkt am Friedhofseingang – damit rechnet niemand. Viele kommen inzwischen gezielt dorthin, auch von außerhalb. Ich glaube, es ist unsere Aufgabe als Kirche, neue Wege zu gehen. Der »Kiosk der Kostbarkeiten« ist ein solches überraschendes Angebot in der Trauerpastoral. Er spricht verschiedene Sinne an – visuell, haptisch – und ist weniger wortlastig, als Kirche es oft ist. Vielleicht liegt darin sein besonderer Charme.

Andere Zeiten e.V. hat den »Kiosk der Kostbarkeiten« im vergangenen Jahr  finanziell gefördert und mit dem Ideenpreis 2025 ausgezeichnet.
LESERINNENBILD DER WOCHE

»Langeoog nach der Sturmflut in der vergangenen Woche«

DANK AN ANGELA GESSNER
ANDERE ZEITEN ERLEBEN

Zu Beginn der Arbeit am aktuellen Themenheft Anders Handeln hat sich Linda Giering auf ein kleines Experiment eingelassen: Sie hat namenlose Samen in einen Topf gepflanzt, ohne zu wissen, was daraus wird. Erst passierte gar nichts, dann bohrten sich erste Triebe durch die Erde. Woche für Woche wuchs etwas heran, das wir in der Andere Zeiten-Redaktion liebevoll »das Gestrüpp« nennen. Mittlerweile ragt es weit über den Topfrand hinaus. Auch die Anders Handeln-Ausgabe »Wachsen und Reifen« ist in der Zwischenzeit erblüht und im Andere Zeiten-Shop erhältlich. Die Geschichte hinter dem grünen Bürozuwachs – und viele weitere – hören Sie in unserer neuesten Podcast-Folge von »anders hören«.
Herbstferienzeit – da kommt auch unser Andere Zeiten-Bronzeengel wieder viel rum! In Koffern und Rucksäcken, Jackentaschen und Handschuhfächern reist er mit vielen unserer Leserinnen und Leser mit. Das Foto oben erreichte uns aus Manavgat/Side in der Türkei. 
ANDERE ZEITEN FÖRDERT

»Mitgefühl mit uns selbst, mit anderen, womöglich sogar mit den ganz anderen, und auch mit unserer Erde und ihren Geschöpfen kann alles verändern«, sagen die Veranstalter der Woche der Stille in Freiburg. Deshalb haben sie ihre Initiative, die vom 2. bis 9. November stattfindet, unter das Motto »Weil Mitgefühl verändert« gestellt.  

In Gottesdiensten, Workshops und Konzerten können Besucher:innen erleben, wie gut es tut, gemeinsam still zu werden und sich neu zu verbinden. Getragen wird die Woche der Stille, die in diesem Jahr zum zehnten Mal stattfindet, von einem Initiativteam aus Pastor:innen und Mitarbeitenden des Hauses der Evangelischen Kirche. Die Angebote sind offen für alle – wer mag, kann auch eigene Ideen, Aktionen oder Impulse einbringen.

Ein Teil der von Andere Zeiten geförderten Veranstaltungen ist kostenfrei. Einige Kurse können vorab über die Kontaktdaten auf der oben genannten Internetseite gebucht werden. Dort findet sich auch das vollständige Programm mit vielen Möglichkeiten zum Stillwerden, Lauschen und Mitmachen.
DER ANDERE ORT

Antoniuskapelle in Ebersberg

VON SABINE

Entstanden ist der Meditationsweg im Rahmen des Pastoralplans der Pfarrei St. Sebastian Ebersberg. Ein Weg, der dazu einlädt, langsamer zu werden. Zwischen Bäumen und Feldern öffnet sich Raum zum Atmen, Nachdenken und Begegnen. Gedanken und Impulse begleiten den Pfad. Wer mag, findet über QR-Codes an den Stationen weitere Texte und Stimmen zum Hören.

Diese Texttafel (Foto oben) steht am Startpunkt der Tour an der Antoniuskapelle. Insgesamt laden die neun Stationen zum Innehalten ein und sind für mich zu jeder Jahreszeit eine echte Oase.

Welche Orte erfahren Sie als Glücksorte, Kraftquellen oder Trostplätze? Welche Orte, an denen sich anderes ereignet, begegnen Ihnen auf Reisen oder im Alltag? Wir möchten in dieser Rubrik gern Ihre Orte veröffentlichen: Schicken Sie uns bitte ein Foto mit genauer Ortsangabe an newsletter@anderezeiten.de und schreiben Sie uns ein paar Zeilen dazu, was diesen Ort für Sie besonders macht.

Wir hoffen, unser Newsletter die andere zeit hat Ihnen gefallen. Die korrekten Antworten in unserem Quiz sind übrigens A und C. 

Falls Sie Ideen, Fotos oder Beiträge für einen der nächsten Newsletter beisteuern möchten, freuen wir uns darüber unter newsletter@anderezeiten.de
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Herzlich 
Ihr 

Andere Zeiten-Team
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Verantwortlich: Iris Macke
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