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vom 15. November 2025 für die 47. Woche
Das Quiz  •  Eine Frage, Herr Güler ...  •  Andere Zeiten erleben    Leserinnenbild  •  Andere Zeiten fördert  •  Der andere Ort  •  Rückspiegel
Liebe Leserin, lieber Leser,

die letzten Arbeitstage waren gut gefüllt. Und wie das in unserer Andere Zeiten-Redaktion so ist, sind wir der Gegenwart meistens ein bisschen voraus. In dieser Woche standen Interviews für unser digitales Zusatzangebot zum Anderen Advent auf dem Plan, wir haben unseren Adventsgottesdienst aufgezeichnet (zu sehen ab dem 29. November um 18 Uhr auf unserem Youtube-Kanal), verschiedene Aktionen rund um die nächste Fastenzeit bedacht, es gab einen Austausch zum Katholikentag in Würzburg im Mai 2026 und sogar über Erntedank. Und dann kam die Zeit, diesen Newsletter zu schreiben. Beruhigenderweise hatte ich schon eine grobe Themenidee: irgendwas zu Buß- und Bettag. Diesem etwas sperrigen Kirchenjahrestag, der auch der Selbstreflexion und der Neuorientierung dienen soll. Er ist am kommenden Mittwoch. Der Cursor im noch leeren Textfeld blinkte auffordernd. Nur kein Druck, das geht meistens nach hinten los!

Also erst einmal ein Gespräch mit den Kolleg:innen. Und ein augenzwinkerndes: »Habt ihr nicht eine schöne Themenidee für den Newsletter?« Hatten sie so ad hoc nicht, voll verständlich, da will man sich ja auch reinarbeiten, vielleicht ein bisschen recherchieren, einen besonderen Dreh finden.

Der Cursor blinkte immer noch. Fast kam es mir so vor, als habe er sein Stakkato verschärft. Das Telefon klingelt?! Eine willkommene Ablenkung! Und wollte ich nicht noch schauen, wie im nächsten Jahr die Osterferien liegen? Schwupp, war ich gedanklich wieder weg.

Ich könnte Ihnen jetzt noch mehr Situationen aufzählen, in denen ich mich um das Schreiben dieses Editorials gedrückt habe. Und mir insgeheim stattdessen den Advents-Newsletter in zwei Wochen wünschte, dessen erste angezündete Kerze so viel gefälliger schien. Mir wollte einfach keine berührende Geschichte, keine schlaue Kirchenjahresanekdote einfallen. Und ich war schon längst kribbelig geworden (der Cursor!), als mir ein tiefer und beruhigender Gedanke kam: Vielleicht ist genau das der Sinn des Buß- und Bettages. Sich nicht in der Arbeit zu verlieren. Sich nicht ablenken zu lassen. Sondern in der Gegenwart festzumachen. Und sich zu fragen: Was ist eigentlich jetzt gerade, an diesem Novembertag 2025, mein ganz persönliches Thema? Der Buß- und Bettag braucht keine Kerze. Sondern nur mich. Meine Bereitschaft, ihm Zeit zu geben. Vielleicht kommt dann sogar  Gott dazu. 

Deswegen stelle ich Ihnen an dieser Stelle keine Frage, wie wir das sonst oft tun, weil wir uns gern mit Ihnen austauschen. Ich möchte Sie nicht ablenken. Wenn Sie mir aber trotzdem schreiben möchten, was Ihnen zum Buß- und Bettag einfällt – und das Schreiben vielleicht sogar zu Ihrer persönlichen Reflexion beiträgt – tun Sie das bitte sehr gern (newsletter@anderezeiten.de).   

Herzliche Grüße und eine Woche, in der Sie ganz im Jetzt und bei sich sind! 
Iris Macke                                                     
Chefredakteurin 
Andere Zeiten e.V.


LESERINNENBILD DER WOCHE

»Demonstration gegen die Dunkelheit«

DANK AN KIRSTEN BÜHLER, KOPENHAGEN 
DAS QUIZ

An diesem Sonntag ist Volkstrauertag. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird das traditionelle Totengedenken in diesem Jahr um zwei Opfergruppen erweitern. Welche sind das?  

A. Polizist:innen, die im Einsatz ihr Leben verloren haben
B. Opfer gegenwärtiger Kriege  
C. Menschen, die wegen ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität während des Nationalsozialismus verfolgt und getötet wurden

(Für die Auflösung ganz nach unten scrollen)
ANDERE ZEITEN ERLEBEN

Ja, wir gestehen: Wir haben bereits »Macht hoch die Tür!« gesungen. Aber nur deswegen, weil wir unseren digitalen Adventsgottesdienst aufgezeichnet haben. Den stellen wir – mit sehr berührender Gitarren- und Bass-Musik von Jan Keßler und Lars Hansen – am Vorabend des Ersten Advent, dem 29. November um 18 Uhr auf unserem Youtube-Kanal online. Zur gleichen Zeit findet unser Präsenzgottesdienst in Hamburg statt: in der Kirche St. Gertrud (Stadtteil Uhlenhorst, Immenhof 10, U-Bahn Mundsburg). Ab 17.30 Uhr ist die Kirche für Sie geöffnet. Mehr zu beiden Gottesdiensten finden Sie hier.
IM GESPRÄCH 

Eine Frage, Herr Güler ...
Schreie aus der Umkleidekabine, ein Messerstich in den Bauch, danach nur noch verschwommene Erinnerungen. Yasin Güler überlebte vor zwei Jahren ein Attentat in einem Fitnessstudio. Viele Monate dauerte sein Weg zurück ins Leben. Trotz medizinischer und psychischer Nachwirkungen weiß der 23-jährige Student: Ich will vergeben statt vergelten. Darüber hat Yasin Güler ein Buch geschrieben. Zudem arbeitet er im »Verein DialogHaus Opferhilfe Duisburg« mit. 

Herr Güler, welches Gefühl hatten Sie anfangs gegenüber dem Täter?

Ich war voller Hass. Vor allem während meiner Zeit im Krankenhaus hatte ich Gewaltfantasien. Vor Gericht habe ich dann gemerkt, dass dieser Mann selbst von Hass zersetzt ist – und habe erkannt, was dieser Hass mit ihm gemacht hat. Da wurde mir klar: Das darf in mir nicht weiterleben. Ich wollte nicht, dass mich dieser Hass auffrisst.

Wie ist es Ihnen letztendlich gelungen, vergeben zu können?

Viele glauben, Vergebung heiße, die Tat zu legitimieren. Für mich bedeutet sie, sich selbst zu vergeben; den Hass loszulassen und die neue Situation anzunehmen. Ich habe gelernt, das Geschehene zu akzeptieren und an einem neuen, besseren Ich zu arbeiten. Trotzdem bin ich der Meinung, dass solche Taten Konsequenzen haben müssen. Vergebung heißt nicht Straffreiheit, sondern ist eine persönliche Entscheidung, um inneren Frieden zu finden. Dabei haben mir Freunde und Familie sehr geholfen. 

Hat Ihr Glaube dabei eine Rolle gespielt?

Ich war zwei Monate vor dem Anschlag evangelisch getauft worden und dann passierte das. Das hat meinen Glauben tief erschüttert. Ich fragte: Warum, Gott? Womit habe ich das verdient? Doch aus dieser Krise heraus habe ich neues Vertrauen gefunden. Ich glaube, dass Gott mich durch diese Zeit getragen hat. Ich habe viele Operationen überstanden und bin dankbar, heute noch hier zu sein. Dieses Urvertrauen und meine Mission, aus dem Erlebten etwas Gutes zu machen, geben mir Kraft.

Was empfinden Sie, wenn Sie von anderen Messerangriffen hören?

Solche Nachrichten berühren mich sehr, aber ich kann sie mir oft nicht mehr ansehen. Mich ärgert, dass die Opferperspektive häufig zu kurz kommt und Anschläge politisch instrumentalisiert werden. Wir müssen uns als Gesellschaft stärker mit den Opfern solidarisieren. Gleichzeitig ist es wichtig, Ursachen zu verstehen: Armut, Ausgrenzung oder persönliche Krisen können Menschen in die Gewalt treiben. Aber Verständnis bedeutet keine Rechtfertigung. Gewalt bleibt immer Unrecht.
DER ANDERE ORT

BANK IN KAMPEN (SYLT) HINTER DER KUPFERKANNE 

VON ANTJE GULDEN 

In meinem Urlaub auf Sylt suchte ich einen Ort voll Ruhe und Frieden. Ich fuhr mit dem Fahrrad einfach los. Dann sah ich diese Bank, genau so einen Ort hatte ich zu finden gehofft. 
Nach einer Weile dachte ich, wie schön wäre es, wenn sich jetzt jemand zu mir setzen würde. Das geschah, eine Dame wollte gerne dort ihren Kuchen verzehren. So bekam ich alles, was ich brauchte: Ruhe, Entspannung und ein wunderschönes Gespräch. So wurde dies mein Trostplatz und irgendwie auch ein Glücksort.
 
Welche Orte erfahren Sie als Glücksorte, Kraftquellen oder  Trostplätze? Welche Orte, an denen sich anderes ereignet, begegnen Ihnen auf Reisen oder im Alltag? Wir möchten in dieser Rubrik gern Ihre Orte veröffentlichen: Schicken Sie uns bitte ein Foto mit genauer Ortsangabe an newsletter@anderezeiten.de und schreiben Sie uns ein paar Zeilen dazu, was diesen Ort für Sie besonders macht.

(c) Stiftung Creative Kirche

ANDERE ZEITEN FÖRDERT 


Wenn 1500 Menschen gemeinsam singen, dann ist das ein musikalisches Großereignis. Gleich vier davon wird es zwischen dem 20. und dem 28. Dezember in Hamburg, Braunschweig, München und Stuttgart geben. »Bethlehem – das Chormusical« ist ein Projekt, das die gemeinnützige Stiftung Creative Kirche ins Leben gerufen hat. Das Musical, dessen Realisierung von Andere Zeiten gefördert wird, erzählt die Weihnachtsgeschichte in einer modernen Version mit Texten von Michael Kunze und Musik von Dieter Falk. Mehr über  »Bethlehem« und andere, im kommenden Jahr geplante  Chormusical-Projekte, für die noch Sänger:innen gesucht werden, finden Sie hier
RÜCKSPIEGEL  

In der anderen zeit der vergangenen Woche hat Ulrike Berg ihre Liebe zum November gestanden. Und siehe da: Sie ist damit nicht allein!

Birgit Lensing-Kruse verbindet mit dem November eine besondere Tradition:
Wir (meine beiden Schwestern und ich nebst unseren Partnern, Kindern und deren Partnern und inzwischen einem Enkelkind) kommen am letzten Wochenende im November zusammen und erinnern uns an unsere Eltern, die 2010 (Ende Oktober) und 2016 (Ende November) verstorben sind. Wir nennen das »Jahresgedächtnis« und freuen uns auf unser Zusammentreffen, da wir örtlich recht weit voneinander entfernt leben. Meine Schwestern und ich finden es prima, dass die großen Kinder immer noch mit im Boot sind bei diesem unspektakulären Beisammensein. Wir machen einen Gang zum Friedhof und besuchen das Grab unserer Eltern, wer mag, besucht mit uns einen Gottesdienst, und es wird natürlich gemeinsam gegessen und ganz viel geschwatzt! Wir sind gewiss, dass unsere Eltern große Freude hätten (haben?), uns alle so versammelt zu wissen.  

Und Christiane Augustin schreibt: 
Im Sommer ist doch wirklich alles sehr laut, lebendig und manchmal auch schrill, aber im Winter ist das Leuchten und Wärmen einer Kerze, eines Feuers doch erst richtig schön und gemütlich. Wir leben in der Pfalz und vom und mit dem Weinbau. Der November und der Dezember bringen ein bisschen Ruhe, bevor es mit neuer Kraft im Januar in das neue Jahr geht. Ich jedenfalls bin dankbar für die Jahreszeiten.

Wir hoffen, unser Newsletter die andere zeit hat Ihnen gefallen. Im Quiz sind Antwort A und C korrekt. Laut einer aktuellen Pressemeldung des Bundespräsidialamtes wird Frank-Walter Steinmeier das traditionelle Totengedenken, in dem üblicherweise auch der Opfer gegenwärtiger Kriege gedacht wird, um das Gedenken an im Einsatz getötete Polizist:innen und die Menschen erweitern, die im Nationalsozialismus wegen ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität verfolgt wurden. 

Falls Sie Ideen, Fotos oder Beiträge für einen der nächsten Newsletter beisteuern möchten, senden Sie Ihre Vorschläge gern an  newsletter@anderezeiten.de.
Herzlich 
Ihr 

Andere Zeiten-Team
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Fischers Allee 18, 22763 Hamburg
Telefon: 040 / 47 11 27 27

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Sie können ihn hier abonnieren. 


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Verantwortlich: Iris Macke
Telefonisch erreichen Sie uns:
montags bis donnerstags von 8.30 bis 17.30 Uhr (außer mittwochs zwischen 11.45 und 13.15 Uhr), freitags von 8.30 bis 16 Uhr